Die aktuelle ökologische Krise erfordert rasch Maßnahmen. Der notwendige Strukturwandel zur Förderung ökologischer Nachhaltigkeit betrifft jedoch nicht nur die Produktionsstrukturen, sondern auch die Beschäftigten in den Wirtschaftszweigen, die umgebaut, geschrumpft oder komplett eingestellt werden müssen. Die Verhinderung einer Zunahme von sozialer Ungleichheit oder sozialer Notlagen ist daher heute ein ebenso zentrales Anliegen wie die Vermeidung der Entstehung abgehängter Regionen infolge des Strukturwandels. Während für Forscher:innen und involvierte Aketeur:innen vielfach klar ist, dass ein struktureller Wandel im Sinne einer Just Transition mit der Transformation der transnationalen Arbeitsteilung einhergehen wird, ist bisher nicht ausreichend erforscht, wie Länder des Globalen Südens davon betroffen sein werden.
Just Transition bezeichnet das Anliegen, im Zuge des Übergangs zu einer kohlenstoffarmen, kreislauforientierten und nachhaltigeren Wirtschaft die Rechte und Lebensgrundlagen der Beschäftigten zu sichern. Obwohl der Begriff zunächst ein wesentlicher Bezugspunkt der Gewerkschaftsbewegung war, haben ihn mittlerweile auch internationale Organisationen wie die ILO oder, in Europa, die Europäische Kommission aufgegriffen.
Da die Gewinnung fossiler Brennstoffe, die Energieerzeugung und die Herstellung von Waren für die Erreichung der internationalen Klimaziele umgebaut werden müssen, sind unterschiedliche Maßnahmen zur Unterstützung der Beschäftigten in diesen Sektoren erforderlich. Das umfasst zuvorderst sozialen Dialog und die demokratische Einbindung der Sozialpartner, der betroffenen Arbeitnehmer:innen und der breiteren Zivilgesellschaft, nebst sozialer Absicherung und aktiver Arbeitsmarktpolitik. Zweitens braucht es (öffentliche) Investitionen in kohlenstoffarme Wirthschaftsbereiche, die zur Steigerung der Lebensqualität beitragen und gute Arbeitsbedingungen bieten, beispielsweise in den öffentlichen Verkehr oder in das Bildungs- und Erziehungswesen. Drittens können lokale und regionale Pläne zur Förderung wirtschaftlicher Diversifizierung gemeinsam mit progressiver Industrie-, Forschungs- und Innovationspolitik die Schaffung neuer Arbeitsplätze unterstützen und die vom Umbau betroffenen Gemeinden stabilisieren. Und da sich auch globale Lieferketten im Zuge der wirtschaftlichen Restrukturierung ändern werden, müssen viertens die Herausforderungen, mit denen Arbeiter:innen und unterdrückte Gruppen im Globalen Süden konfrontiert sind, ebenso wie Perspektiven inter- und transnationaler Solidarität in den Fokus kommen.
Die gewerkschaftliche Debatte bezieht sich gleichermaßen auf Verteilungs- und Verfahrensaspekte der Gerechtigkeit wie auf Fragen der Anerkennung, wenn auch eher implizit. Klimaschutz wird nur dann erfolgreich sein, wenn die sozialen Auswirkungen umfassend berücksichtigt werden, auch aus einer historischen Perspektive. Das betrifft Fragen der Klimagerechtigkeit und globaler Produktionsbedingungen ebenso wie historische und gegenwärtige Macht- und Abhängigkeitsbeziehungen. Aus einem breiteren Blickwinkel ist die zentrale Frage: Wie können die Kosten des Klimawandels und der Klimapolitik in einer fairen und respektvollen Weise verteilt werden – innerhalb der Menschheit, in Zeit und Raum, aber auch im Hinblick auf andere Spezies und die Umwelt?
Die Sondernummer des Journals für Entwicklungspolitik zielt darauf ab, unterschiedliche progressive Ansätze einer Just Transition zusammenzuführen, die eine globale Perspektive einnehmen.
Erscheinungstermin: Herbst 2023
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Just Transition – A Global Perspective
Special issue editors: Julia Eder, Halliki Kreinin, Florian Wukovitsch
The looming ecological crisis calls for urgent action. However, the promotion of structural change in favour of ecological sustainability does not only affect the economic structures of production but also the workers employed in the sectors that need to be transformed, shrunk or to be phased out entirely. Thus, it has become a concern to avoid increasing social inequality and deprivation as well as the creation of laggard regions that could go hand in hand with such developments. While it is clear for many researchers and involved actors that a just transition will require structural change and will cause the transformation of the transnational division labour, how this will affect countries in the Global South is currently understudied.
Just Transition is a concept describing ambitions to secure workers’ rights and livelihoods when economies are shifting to low-carbon and more circular and sustainable pathways. While being an important reference point of the trade union movement, the term has been taken up by international organisations such as ILO or, in Europe, the European Commission.
As the extraction of fossil fuels, energy generation, and manufacturing need to be restructured in order to achieve the international climate goals, workers employed in these sectors need support in several ways. This includes, first of all, social dialogue and the democratic consultation of social partners, the affected employees and broader civil society, along with social protection and active labour market policies. Second, there is a need for (public) investment in low-emission activities that help enhance the quality of living and offer decent workplaces, such as in public transport or education and care. Third, local and regional economic diversification plans together with progressive industrial, research and innovation policies can support the creation of new jobs and stabilize affected communities. Fourth, as also international supply chains will change in the course of economic restructuring, challenges for workers and other oppressed groups in the Global South and perspectives of inter- or transnational solidarity need to come into focus.
The trade union debate refers equally to distributive and procedural forms of justice but also to recognition, even if implicitly. Climate action will only be successful if social impacts are considered holistically, in a historical perspective – this pertains to climate justice and global conditions of production as well as past and present power and dependency relations. From a more general point of view, the core question is: How can the costs of climate change and climate policy be distributed in a fair and respectful way – among humanity, in space and time but also with regard to other species and the environment?
This special issue of the Austrian Journal of Development Studies aims to unite different approaches to just transitions with an explicitly progressive stance, adopting a global perspective.
Publication date: Autumn 2023